Kündigung im Kleinbetrieb

Ausgangssituation

Matthias Lorenz* wandte sich an meine Kanzlei, da er als Busfahrer eine Kündigung erhalten hatte. Herr Lorenz lebte im Siegerland und damit ca. 200 Kilometer von seiner Arbeitsstelle in Niedersachsen entfernt. Er war in einem Betrieb mit weniger als zehn Mitarbeitern dafür zuständig, Reisegruppen als Busfahrer quer durch Deutschland zu fahren. Die ordentliche Kündigungsfrist hatte der Arbeitgeber eingehalten.

Da es sich um eine so genannte Kündigung um Kleinbetrieb handelte, erschien die Situation aus zwei Gründen zunächst aussichtslos:

Vorgehensweise

  1. Im Kleinbetrieb sind weite Teile des Kündigungsschutz-gesetzes nicht anwendbar
  2. Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis regelmäßig beenden, ohne dass ein Grund für die Kündigung vorliegen muss.

Im Rahmen der kostenfreien Ersteinschätzung verschaffte ich mir uns zunächst einen Überblick über die Situation und beantworteten die Fragen, die mir Herr Lorenz stellte. Wir sichteten die zur Verfügung gestellten Unterlagen und prüften – da ein Vorgehen gegen die Kündigung zunächst wenig erfolgversprechend erschien – welche sonstigen Ansprüche Herrn Lorenz zustehen könnten. 

Es stellte sich heraus, dass Herr Lorenz Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld haben könnte, da er dieses, anders als in den vorausgegangenen Jahren, im vergangenen November nicht erhalten hatte. Dies ärgerte Herrn Lorenz, da er sich von diesem Geld eigentlich einen Urlaub in Tirol ermöglichen wollte (Herr Lorenz war leidenschaftlicher Wanderer). Ob der Anspruch auf das Weihnachtsgeld tatsächlich bestand, bedurfte jedoch der näheren Prüfung, da insoweit Klauseln im Arbeitsvertrag vorgesehen hatten, dass die Weihnachtsgeldzahlung unter Umständen eingestellt werden konnte. 

Bei der weiteren Prüfung der Unterlagen warfen wir einen näheren Blick auf die Kündigungserklärung selbst. Diese befand sich in einem gewöhnlichen Briefumschlag und war zweifach geknickt. Sie war durch den Arbeitgeber unterzeichnet worden, zumindest befand sich ein blauer Schriftzug auf dem Papier. 

Bei genauem Hinsehen, insbesondere nach Anblick der Rückseite des Kündigungsschreiben, stellte sich heraus, dass es sich dabei um eine Farbkopie des Originals der Kündigung handelte. Da Kündigungsschreiben immer im Original übermittelt werden müssen (eine Kopie reicht hierbei nicht aus), stand somit fest, dass Herrn Lorenz keine schriftliche Kündigungserklärung zugegangen und die Kündigung somit unwirksam war. 

 

Um das Beste für meinen Mandanten herauszuholen, erhob meine Kanzlei Kündigungsschutzklage und machte zudem den Anspruch auf Zahlung des Weihnachtsgeldes geltend. Die Tatsache, dass der Arbeitgeber das Original der Kündigung nicht übermittelt hatte, blieb zunächst unerwähnt.

Ergebnis

In dem Gütetermin, der etwa vier Wochen nach Erhebung der Klage durchgeführt wurde, äußerte der Arbeitgeber sein Unverständnis über die Erhebung der Klage und wies darauf hin, dass es sich zum einen um eine wirksame Kündigung im Kleinbetrieb handle, zum anderen sei der Anspruch auf Weihnachtsgeld vertraglich ausgeschlossen.

Ich lenkte den Fokus zunächst auf die Frage des Weihnachtsgeldes und argumentierte für die Unwirksamkeit der vertraglichen Bestimmungen. Eine Einigung ließ sich dennoch nicht erzielen, was auch im Sinne der Interessen von Herrn Lorenz zum jetzigen Zeitpunkt nicht gewünscht war.

Das Gericht setzte den Parteien jeweils Stellungnahmefristen und beraumte einen Kammertermin an, der etwa vier Monate nach dem Gütetermin stattfinden sollte. Auf Basis der Kündigung des Arbeitgebers war das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Monate beendet. Etwa eine Woche vor dem Kammertermin adressierte ich einen Schriftsatz an das Gericht und wies auf den Umstand hin, dass Herr Lorenz lediglich eine Kopie der Kündigung erhalten hatte. Im Termin selbst überzeugte sich das Gericht von der Richtigkeit meiner Angaben, indem es das Kündigungsschreiben in Augenschein nahm.

In diesem Moment stand fest, dass das Verfahren auf zweierlei Weise ende würde:

  1. Das Arbeitsverhältnis würde fortgesetzt werden und der Arbeitgeber müsste für die vergangenen Monate die Vergütung vollständig nachzahlen
  2. Das Arbeitsverhältnis würde nicht fortgesetzt werden und der Arbeitgeber müsste eine hohe Abfindung bezahlen, die sich an der nachzuzahlenden Vergütung orientierte

Wir einigten uns schließlich auf die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 11.000 € brutto.
Mit diesem Geld konnte Herr Lorenz dann doch noch seinen Urlaub in Tirol buchen. Einige Wochen später erreichte uns eine Postkarte aus Tirol, auf der uns Herr Lorenz sichtlich zufrieden seine besten Urlaubsgrüße übermittelte.

*Name wurde durch die Redaktion aus Datenschutzgründen geändert.

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